Cheryl Strayed „Der große Trip“ – Key Takeaways

  • Transformative Kraft des Wanderns: Cheryl Strayeds Memoir zeigt, wie das Gehen durch die Natur nicht nur körperlich herausfordert, sondern auch hilft, emotionale Wunden zu heilen und neue Stärke zu finden.
  • Ehrlichkeit + Authentizität essenziell: Strayed erzählt ungeschönt von ihren Fehlern, Ängsten und Schwächen, was ihre Geschichte umso inspirierender und glaubwürdiger macht.
  • Resilienz führt zu Wachstum: Trotz Rückschlägen und schmerzhaften Erfahrungen zeigt Der große Trip, wie wichtig es ist, sich Herausforderungen zu stellen, um persönlich zu wachsen und eine neue Perspektive auf das Leben zu gewinnen

Einleitung

Fernwanderungen faszinieren durch ihre Dualität: Einerseits körperliche Herausforderung, andererseits geistige Einkehr. Cheryl Strayed nimmt diese Erfahrungen in ihrem Buch „Wild: Der große Trip“ und macht sie auf unnachahmliche Weise greifbar. Strayed schafft es, die Strapazen und Freuden des Wanderns so eindrücklich zu schildern, dass Leser:innen gleichermaßen mitleiden, mitfühlen und sich inspirieren lassen können. Diese Rezension beleuchtet den Inhalt dieser Memoir und meine persönliche Leseerfahrung.

Inhalt – Cheryl Strayed: Der große Trip

„Der große Trip“ ist Cheryl Strayeds beeindruckende Memoir über ihre 1.770 Kilometer lange Solo-Wanderung entlang des Pacific Crest Trail (PCT). Ihre Reise beginnt in der der Mojave-Wüste und führt sie durch Kalifornien und Oregon bis zur „Bridge of the Gods“, die über den Columbia River in den Bundesstaat Washington führt. Dabei verwebt das Buch geschickt die Erlebnisse der Wanderung mit Rückblicken auf prägende Ereignisse, die Strayed überhaupt erst auf diesen Weg brachten.

Im Alter von 22 Jahren wurde Strayed in eine Lebenskrise gestürzt, als ihre Mutter – zu der sie eine sehr enge Bindung hatte – im Alter von nur 45 Jahren an Lungenkrebs starb. Dieser Verlust zerrüttete ihre Familie: Ihr Stiefvater zog sich zurück, und die ohnehin fragile Beziehung zu ihren Geschwistern zerbrach. Auch ihre Ehe scheiterte, und Strayed verfiel in eine destruktive Spirale aus Affären und Drogen, angestoßen durch einen Liebhaber, der sie zum Konsum von Heroin verleitet hatte.

Vier Jahre später, mit 26 Jahren und ohne jegliche Wandererfahrung, entschied sich Strayed, ihrem Schmerz und ihrer Orientierungslosigkeit radikal zu begegnen: Sie machte sich allein auf den Weg. Ohne zu wissen, was sie erwartete, hoffte sie, auf dem Trail zu sich selbst zu finden.

Das Buch schildert nicht nur die oft schmerzhaften körperlichen Strapazen, wie die durch einen viel zu schweren Rucksack verursachten Wunden oder die endlosen Schmerzen ihrer Füße. Es beleuchtet auch die tiefgreifenden emotionalen und spirituellen Einsichten, die Strayed auf ihrer Reise gewann. Dabei zeichnet es ein rohes, ehrliches Bild vom Kampf mit der Vergangenheit und dem Weg zu neuer Stärke.

Die deutsche Ausgabe erschien 2013 im Kailash Verlag und umfasst 448 Seiten voller Intensität, Inspiration und Authentizität – eine Geschichte, die zugleich zutiefst persönlich und universell berührend ist.

Rezension und meine persönliche Leseerfahrung

Cheryl Strayed schafft es, dass man bei jedem ihrer Schritte mitfühlt. Sie öffnet sich vollständig, macht sich verletzlich und erzeugt so eine große Nähe zur Erzählerin. Besonders für diejenigen, die selbst lange Strecken gewandert sind – und das vielleicht sogar mit leichterem Gepäck – wird die Herausforderung greifbar. Man spürt förmlich die Qualen, die sie beschreibt: das Aufschürfen der Haut dort, wo ihr viel zu schwerer Rucksack aufliegt, und die völlig zerstörten Füße, von denen sie einen Nagel nach dem anderen verliert. Wer jemals die Erschöpfung auf einer Fernwanderung spürte, wenn die Füße einfach nur noch schmerzen, kann ahnen, wie extrem Strayeds Erlebnis gewesen sein muss. Ihr Schmerz wird spürbar und schafft eine enge Verbindung zur Leserin oder zum Leser.

Schlüsselaspekte

Besonders eindrücklich ist die Szene, in der einer ihrer Stiefel einen steilen Abhang runterfällt und sie aus purer Verzweiflung den zweiten hinterherwirft. Beim Trekking entsteht eine tiefe Bindung zu den wenigen Gegenständen, die man bei sich trägt – sie sichern das Überleben in der Wildnis. Der Verlust eines so elementaren Ausrüstungsstücks ist deshalb eine Katastrophe, die Strayed eindringlich beschreibt.

Auch die Verbindung zwischen Wandern und innerer Verarbeitung wird deutlich. Fernwanderer:innen kennen es nur zu gut: Auf langen Strecken durchläuft man in Gedanken immer wieder seine Vergangenheit, und das Gehen hilft, diese zu sortieren und zu verarbeiten. Die Verwebung von Strayeds Lebensgeschichte mit ihren Erlebnissen auf dem Trail macht das Buch so authentisch – man glaubt ihr, dass sie genau diese Erfahrung durchleben musste. Der Verlust ihrer Mutter erhält durch den Weg einen Kontext, und der Weg wiederum gewinnt Bedeutung durch diesen Verlust. Diese Wechselwirkung macht ihre Geschichte so universell nachvollziehbar.

Auffällig ist auch Strayeds feministische Haltung, die sie schon damals vertrat. Sie zeigt eindrucksvoll, wie sie auf ihrer Reise eine neue innere Stärke entwickelt, obwohl sie körperlich an ihre Grenzen stößt. Dieses Gefühl wachsender Kraft ist dabei nicht nur auf die Muskulatur zurückzuführen, sondern vor allem auf ihre mentale Stärke. Strayed blickt auf das zurück, was sie allein geschafft hat – als Frau, die keine Erfahrung mit Fernwanderungen hatte und die doch Akzeptanz unter erfahreneren Thru-Hikern findet, die mit leichterem Gepäck unterwegs sind.

Cheryl Strayeds Entwicklung

Bevor sie die Wanderung beginnt, fühlt sich Cheryl Strayed verloren. Auf dem Weg entwickelt sie ein neues Rückgrat, eine neue Identität und ein neues Selbstbewusstsein. Dies spiegelt sich bereits in ihrem Nachnamen „Strayed“ (deutsch: verirrt/verloren) wider, den sie sich vor der Wanderung selbst gibt. Doch während der Reise erhält sie – wie viele Thru-Hiker – einen Trail-Namen, der ihre neu gewonnene Stärke symbolisiert: Queen of the PCT.

Die Jahre zwischen ihrer Wanderung 1995 und dem Erscheinen ihres autobiografischen Buches (englische Originalversion 2012: Cheryl Strayed „wild: A journey from lost to found) haben zweifellos dazu beigetragen, den Text zu schärfen und die Essenz ihres Erlebnisses herauszuarbeiten. Die Erzählung wirkt perfekt durchkomponiert: Alles Wichtige ist enthalten, und alles Überflüssige wurde weggelassen. Diese Präzision erinnert an Saint-Exupéry: „Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn man nichts mehr hinzufügen, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann.“

Eine der größten Stärken von Wild liegt darin, dass das Buch das Fernwandern weder beschönigt noch romantisiert. Es zeigt Strayeds Realität – ungeschönt und ehrlich. Hinzu kommt ihr präzises Erzählvermögen, das die Lesenden tief in ihre Erlebnisse eintauchen lässt.

Fazit – Cheryl Strayed: Der große Trip

„Der große Trip“ ist weit mehr als ein Buch über eine Wanderung. Cheryl Strayed verbindet in ihrer Memoir auf beeindruckende Weise die körperlichen Herausforderungen des Pacific Crest Trail mit einer tiefgreifenden emotionalen Reise. Ihre schonungslose Ehrlichkeit und ihre Fähigkeit, selbst die kleinsten Details eindringlich zu schildern, lassen Leser:innen ihre Erlebnisse hautnah miterleben. Strayed erzählt nicht nur von den Strapazen und Triumphen einer Solo-Wanderung, sondern beleuchtet auch universelle Themen wie Verlust, Selbstfindung und innere Stärke.

Das Buch beeindruckt durch seine Authentizität und Erzählkunst. Es ist das was passiert, wenn ein talentierte Schriftstellerin erzählt. Cheryl Strayed würde unter Thru Hikern auf dem PCT insbesondere heute vielleicht eher belächelt werden: Viel zu schwerer Rucksack, viel zu viel Qual und dann geht sie ja noch nicht mal den ganzen PCT und schafft kaum mehr als 20 Kilometer am Tag. In der Disziplin des Erzählens kommt auf dem PCT aber niemand an ihr vorbei. „Wild“ ist eine kraftvolle Geschichte über Resilienz und Transformation – ehrlich, berührend und absolut lesenswert. Happy Trails

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Englische Orginalversion: „wild: A journey from lost to found“ by Cheryl Strayed

Wild Cheryl Strayed

Deutsche Übersetzung: „Der große Trip: Tausend Meilen durch die Wildnis zu mir selbst“ von Cheryl Strayed

Mehr Bücher zum Thema findest du in folgendem Artikel von mir: 73 Wanderbücher, die motivieren: Storytelling & Erfahrungen aus der Wildnis

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